Der 20.10.2010 war ein historisches Datum für die Zementwerk LEUBE GmbH: Um exakt 20:10 Uhr lief die neue Klinkerproduktion an. Mit 31 Mio. € war dies die größte Investition, die LEUBE in den vergangenen 50 Jahren getätigt hat. Die neue Anlage – deren sichtbares Zeichen ein über 100 m hoher Wärmetauscherturm ist (Bild 1) – ermöglicht nicht nur eine wirtschaftlichere, sondern auch eine wesentlich umweltfreundlichere Produktion. Die Lärm- und Abgasemissionen sowie der Energieverbrauch konnten gegenüber der alten Anlage wesentlich reduziert werden. ZKG hat bei Dr. Günter Waldl (Zementwerk LEUBE GmbH) und Dipl.-Ing. Wolfgang Freimann (A TEC) nachgefragt, wie sich die neue Produktionslinie im Betrieb bewährt hat.
ZKG: Dr. Waldl, die Anlage ist im Oktober 2010 in Betrieb gegangen. Bitte fassen Sie noch einmal die finale Anlagenkonfiguration zusammen.
Günter Waldl: Für die finale Anlagenkonfiguration wurde als erstes die Rohmeldosierung erneuert. Das Konzept sah einen 5-stufigen Wärmetauscher mit Kalzinator und Brennkammer in Betonbauweise mit Stahlbühnen vor. Teil des Projektes war auch das Versetzen eines bestehenden Drehrohres (Bild 2), ein neuer Ofenkopf mit Klinkerkühler sowie die Erneuerung des Kühlerabluftfilters (Bild 3). Auch die Brennstoffversorgung (Alternativbrennstoffe für Kalzinator), der Klinkertransport sowie nötige Anschlüsse abgas- und rohmehlseitig wurden erneuert.
ZKG: Welche Erfahrungen konnten sie in den fast 1,5 Jahren sammeln? Konnten die avisierten Ziele erreicht werden, wo musste nachgeplant werden?
Günter Waldl: Die Ofenleistung ist über einen großen Leistungsbereich flexibel regelbar. Bisher wurden Tagesleistungen zwischen 1000 und 2000 t Klinker am Tag gefahren. Damit kann auf die Marktgegebenheiten und saisonale Schwankungen optimal reagiert werden. Hinsichtlich dem Energieverbrauch und der Emissionen konnten die zugesagten Garantiewerte erreicht werden. Hervorzuheben ist die Flexibilität im Brennstoffmix. Auch hinsichtlich der Klinkerqualität gab es keinerlei negative Veränderungen. Alles in allem wurden die avisierten Ziele binnen kürzester Zeit erreicht und es gab (eigentlich) keine Nachplanungsarbeiten bzw. größere Adaptierungen.
ZKG: Herr Freimann, in welchen Bereichen kommen speziellen Lösungen im Zementwerk LEUBE zum Einsatz und wie haben sie sich im Betrieb bewährt?
Wolfgang Freimann: A TEC hat sich in der Vergangenheit insbesondere mit Speziallösungen bei Zementanlagen beschäftigt. Im Werk Gartenau sind dies:
Die Messung der Ofeneinlaufgasbestandteile Kohlenmonoxid, Stickoxid und Schwefeldioxid nach dem Chlorbypassfilter, die sich durch nahezu 100 %ige Verfügbarkeit auszeichnet und eine sehr genaue Indikation des Ofenganges wiedergibt.
Die Bypasskühlkammer (Bypassquench), welche komplett aus Spezialmetallen ohne Ausmauerung gefertigt ist und sich deshalb durch geringes Gewicht und geringen Platzbedarf auszeichnet.
A TEC hat die Mehlpendelklappen mit sogenannter Schneidlagerung, die sich durch besondere Robustheit und Leichtgängigkeit auszeichnet, ausgestattet.
Das A TEC-Brennkammersystem mit integrierter Brennstoffaufgabeschurre, die bei Störung, wie Überdruck, ausschwenkt und gleichzeitig das Zuförderrohr verschließt und dadurch eine Entzündung des vorgelagerten mechanischen Brennstofftransportes verhindert.
Das A TEC-Kalziniersystem wird in der Brennkammer unterstöchiometrisch betrieben und kreiert dadurch relativ hohe Konzentrationen an reduzierten Gasbestandteilen, welche in der sogenannten Mischkammer auf das Ofengas mit Stickoxiden treffen und den Sauerstoff der Stickoxide zur Oxidation entziehen. Anschließend wird über nachgeschaltete Tertiärluftzuführung das Kalzinatorgas vollständig, unter entsprechender Luftzufuhr, oxidiert.
ZKG: Sind diese auch in anderen Anlagenkonzepten umsetzbar, und wann ja wo/wie?
Wolfgang Freimann: Die Gasmessung über Bypassfilter erfordert natürlich einen Gasbypass, ist aber in solchen Fällen immer zu empfehlen und durchführbar. Durch den erhöhten Alternativbrennstoffeinsatz werden immer mehr Anlagen mit einem Bypass versehen. Meist sind die Platzverhältnisse beschränkt und daher ist auf die Bypasskühlkammergröße besonderes Augenmerk zu richten und daher das A TEC-System meist vorteilhaft.
Schwergängige Mehlklappen können jederzeit durch A TEC-Klappen ersetzt werden. Das Nachrüsten von Brennkammern wird auf Grund des Platzbedarfs meist schwierig. Der Einbau einer Brennstoffschurre sollte bei den meisten Kalzinatoren möglich sein. Eine gestufte Kalzinatorluftzufuhr sollte bei den meisten Kalzinatoren möglich sein, macht meist jedoch nur Sinn bei Verwendung von Brennstoffen mit ausreichend flüchtigen Bestandteilen, wie es bei den meisten Alternativbrennstoffen der Fall ist.
ZKG: Herr Dr. Waldl, welchen Rat würden Sie einem Anlagenbetreiber geben, der ein ähnliches Projekt vorhat. Worauf muss man achten, was hat sich bewährt, was musste angepasst werden?
Günter Waldl: Es braucht zwei wesentliche Dinge: Ein kompetentes und engagiertes werkseigenes Projektteam (Bild 4) mit klaren Vorstellungen hinsichtlich der Umsetzung und einen erfahrenen Partner hinsichtlich Engineering, Anlagenbau und Verfahrenstechnik.
ZKG: Konnte der Zeitplan immer eingehalten werden, was hätte anders geplant bzw. eingeplant werden müssen?
Günter Waldl: Natürlich gab es immer wieder ungeplante Verzögerungen, insbesondere durch die Bauarbeiten im nicht planbaren Salzburger Winter. Unter dem Druck der kontinuierlichen Eigenversorgung mit Klinker und auch der entsprechend eingeplanten Sicherheit war die Inbetriebnahme der neuen Ofenlinie nahezu eine Punktlandung.
ZKG: Sie haben sich für einen CemProTec-Kühler entschieden. Welche Kriterien haben Sie dazu bewogen und wie hat sich dieser im Betrieb bewährt?
Günter Waldl: CemProTec war der Bestbieter. Überzeugt hat uns schlussendlich ein Referenzbesuch in den VAE. Ausschlaggebend war insbesondere die Auslegung des Systems hinsichtlich optimaler Gasgeschwindigkeiten. Eine klare Ofenatmosphäre sowie keinerlei Staubablagerungen in der großteils waagrecht ausgeführter Tertiärluftleitung bestätigen hier die Erwartungen.
ZKG: Was können Sie zum Kühlerabluftfilter sagen. Welche Möglichkeiten die Gesamtenergiebilanz zu verbessern sind möglich?
Günter Waldl: Das Filter läuft seit dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme absolut störungsfrei, der konstante Unterdruck am Ofenkopf gewährleistet einen stabilen Ofenbetrieb. Zur Verbesserung der Gesamtenergiebilanz wird derzeit eine Anbindung an das örtliche Fernwärmenetz geprüft, damit könnte die für technische Prozesse im Zementwerk derzeit nicht benötigte bzw. nutzbare Abwärme sinnvoll und nachhaltig verwendet werden.
ZKG: Wurden, und wenn ja wie, vor- bzw. nachgeschaltete Anlagenkomponenten auch installiert oder modernisiert?
Günter Waldl: Im Winterstillstand 2011/2012 wurde ein neues Schlauchfilter der Firma Scheuch mit EMC-Technologie, ein neuer Vertikalmühlensichter mit neuen Zyklonen und neuem Mühlengebläse installiert. Somit kann auf der modernisierten Rohmühle das gesamte Mehl der neuen Ofenlinie gemahlen werden und die Staubemissionen konnten deutlich reduziert werden.
ZKG: Wie erfolgen Brennstoffmix und –handling?
Günter Waldl: Ursprünglich war für die Brennstoffversorgung am Kalzinator nur eine Walkingfloor-Übernahmestation geplant. Im Laufe des Projektes und auf Grund der positiven Kostenentwicklung haben wir hier entschieden, gleich drei Stationen zu bauen und damit die Flexibilität hinsichtlich Qualitäten und Lieferanten von Alternativbrennstoffen zu erhöhen. Das hat sich auch bewährt. Auf Basis eines sehr flexiblen Logistikpartners erfolgt hier die Versorgung mit Alternativbrennstoffen und es hat sich in dieser Konstellation gezeigt, dass auch aus Kostengründen kein größeres Lager im Zementwerk erforderlich ist. Am Kalzinator wird großteils ohne fossile Brennstoffe gefahren, die teilweise stark schwankenden Heizwerte führen hier zu keinen Problemen, die Anlagenkonfiguration ist darauf optimal abgestimmt.
ZKG: Das Projekt wurde mit einem klar umrissenen Budget in kürzester Zeit und ohne Unfälle erfolgreich umgesetzt. Welche Ziele haben Sie für die Zukunft?
Günter Waldl: Die für das mittelständische Familienunternehmen LEUBE umfangreichen Investitionen müssen sich nun auch rentieren. Daher laufen Optimierungen hinsichtlich der Alternativbrennstoffrate und des Energieverbrauchs. Natürlich werden auch ständig Maßnahmen zur Senkung der Emissionen in Angriff genommen. Durch das gut funktionierende Gesamtkonzept der neuen Drehofenlinie sollten hier rasch Erfolge möglich sein.
ZKG: Weiterhin viel Erfolg mit der neuen Anlage.