Indien – Gipsbedarf und -lieferung

zawawi minerals

Verschiedenen Forschungsberichten zufolge und angesichts der bevorstehenden massiven Entwicklung der Infrastruktur wird erwartet, dass der indische Zementverbrauch jährlich zwischen 9 und 11% steigt. Die steigenden Kosten für Rohstoffe wie Gips (Bild 1) und Kohle sind eine starke Belastung für die Zement- und Bauindustrie. Daher müssen indische Unternehmen, die Zement und Gipskartonplatten herstellen, alternative Quellen für Gips und Kohle erkunden.

Die indische Zementindustrie umfasst 140 große und 365 kleinere Zementwerke. Sie ist der zweitgrößte Zement­hersteller der Welt mit einer installierten Kapazität von ca. 323 Mio. t/a im Jahr 2011. Damit wurde das Ziel von 298 Mio. t/a für den Fünfjahreszeitraum bis 31.03.2012 überboten. Wirtschaftliches Wachstum und Zementverbrauch sind direkt proportional. Faktoren, die den ­Zementabsatz stimulieren, sind der Bedarf der Infrastruktur, speziell für staatliche Projekte, sowie ein höherer Bedarf an Wohnungen in ländlichen und halbstädtischen Gebieten. Höhere Realisierungsraten und steigender Versand sind Richtwerte für einen höheren Gewinn in der ­Zementindustrie. Alle Anstrengungen sind auf ein Absatzwachstum und das Erreichen des oberen Preissegments gerichtet. Die wesentlichen Herausforderungen für die indische Zementindustrie sind höhere Rohmaterialpreise, besonders für Kohle, Gips und Flugasche.

Nach Erhebungen einer Arbeitsgruppe der Planungskommission des Sektors kann die Kapazität der Zementherstellung in Indien bis zum Ende des Planzeitraums XII im Jahr 2017 bis auf 479 Mio. t/a steigen, und das trotz vorhandener Überkapazitäten. Die Arbeitsgruppe, die ihren Abschlussbericht bereits an die Kommission übergeben hat, damit diese den Fahrplan für den Sektor im Planzeitraum 2012-17 vorbereiten kann, hat ein Wachstum von 10 bis 11,75 % in der Nachfrage, Produktion und installierten Kapazität im Fünfjahreszeitraum vorhergesagt.

Nach dem Verband der Zementhersteller (CMA) und AT Kearney werden die indische Zementproduktion bis 2020 auf 550 Mio. t/a und der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch an Zement von 150 kg auf 350 kg steigen. McKinsey & Company geben eine Zementkapazität von 860 Mio. t/a bis zum Jahr 2030 an. Nach verschiedenen Forschungsberichten und angesichts der bevorstehenden großen Infrastrukturprojekte wird erwartet, dass der Zementverbrauch im Zeitraum 2012-2014 ein durchschnittliches jährliches Wachstum von etwa 10 % aufweisen wird. Danach werden es ca. 9 bis 11 % pro Jahr sein. Damit wird die Durchführbarkeit langfristiger Investitionen in der indischen Zementindustrie auf feste Füße gestellt.

Die steigenden Kosten für Energie und Transport sowie der ständige Rohmaterialdruck (z.B. Gips und Kohle) haben die Zement- und Bauindustrie stark belastet. Daher müssen indische Unternehmen alternative Quellen für Ener­gie und Rohmaterialien wie Gips und Kohle erkunden.

Woher kommt der Gips zur Zeit (Bilder 1–2) in Indien?

Lokaler natürlicher Gips

Importierter natürlicher Gips

Gips als Nebenprodukt

Bis 2007-08 wird die indische Gipsindustrie ihren Bedarf an Gips vorrangig aus natürlichen Gipsvorkommen in Rajasthan sowie mit Gips als Nebenprodukt aus industriellen Quellen decken. Diese Quellen haben jedoch ihren Höhepunkt erreicht und stagnieren. Daher wird der wachsende Bedarf durch Importe, hauptsächlich aus Thailand und dem Iran, gedeckt. Thailand hat bereits eine Exportbeschränkung mit Quoten und Preiskontrollmechanismen erlassen, um die einheimische Zementindustrie und die Hersteller von Gipskartonplatten sowie auch die abbaubaren Gipsreserven vor einem Raubbau zu schützen. Der Iran könnte eine Quelle für Gips sein, aber Handelsbarrieren werden weiterhin den Import von dortigem Gips nach Indien behindern.

Im Staatshaushalt von 2011 wurde festgelegt, den Importzoll auf den „kritischen Rohstoffs Gips“ zusammen mit Kohle um die Hälfte auf 2,5 % zu senken. Die Zementindustrie hat gebeten, den Importzoll auf Gips und Kohle von 5 % auf Null herunterzufahren, um die steigenden Herstellungskosten teilweise abfangen zu können. Im Februar 2011 hat das ständige Komitee des Parlaments für Handel einen Importzoll von 0 % auf Gips empfohlen.

Verfügbarkeit von lokalem, natürlichen Gips in Indien

2010 hat Indien ca. 2,5 % der Weltproduktion an natürlichem Gips (146 Mio. t) erbracht. Indien verringert seinen abbaubaren Gips erheblich, hat aber noch Gesamtreserven an Gips für die Zementindustrie und Gipskartonplattenherstellung in Höhe von 54 Mio. t (Stand 2005). Die Mehrheit davon befindet sich Rajasthan (mehr als 97 % der Gesamtreserven). Im Zeitraum 2006-2010 hat Indien ca. 16 Mio. t Gips produziert. Das sind durchschnittlich 3 bis 3,5 Mio. t/a. In Rajasthan wird der Gipsabbau von FCI Aravali Gypsum & Minerals India Ltd und Rajasthan Mines & Minerals Limited kontrolliert. Etwa 99 % der gesamten Gipsproduktion des Landes kommen aus Rajasthan. Da dieser Bundesstaat aber im Nordwesten Indiens liegt, sind die Transportkosten für viele Zementhersteller im Land untragbar. Die lokale ­Gips­produktion bzw. -verfügbarkeit ist auf 6 bis 7 Mio. t/a (Nebenprodukt- und natürlicher Gips) begrenzt, und die verbleibende Nachfrage muss aus importiertem Gips gedeckt werden.

Gips als Nebenprodukt

Nach Angaben des indischen Büros für Bergbau (IBM) fallen jährlich ca. 5 Mio. t Abfallgips in Form von Phosphogips, Fluorgips usw. an. Allein der Zementsektor hat in den letzten drei Jahren etwa 2,25 bis 3 Mio. t verbraucht. Normalerweise sind diese Mengen fast konstant und können wegen höherer Transportkosten nicht wesentlich erhöht werden. Phosphogips ist ein Nebenprodukt aus dem Nassverfahren zur Herstellung von Phosphorsäure (Ammoniumphosphatdünger), wobei Schwefelsäure auf das Phosphatgestein wirkt. Die anderen Quellen für Phosphogips sind Nebenprodukte der Flusssäure und der Borsäure.

Importierter natürlicher Gips

Die indischen Zementhersteller sind vom Import eines hochwertigen natürlichen Gipses, hauptsächlich aus Thailand, abhängig. Andere Vorräte, die Indien nutzen könnte, befinden sich im Sultanat Oman und in weit entfernten Ländern wie Australien, Mexiko und Marokko. Thailand hat nachgewiesene und wahrscheinliche Reserven von 200 Mio. t. Die dortige Regierung ergreift Maßnahmen, um den Verkaufspreis von Gips zu erhöhen, bevor man die Exporte stoppt. Sie basieren auf einer Studie, in der das Konzept von Hotelling der Maximierung vorhandener Nettowerte angewendet wird, um den besten Weg  zum Maximalprofit aus den mineralischen Gipsreserven zu berechnen. Danach sollte die thailändische Regierung den Gipspreis von gegenwärtig FOB 16,50 US$/t auf 33 US$/t erhöhen, was dem geschätzten zukünftigen Importpreis entspricht. Zu einem bestimmten Zeitpunkt empfiehlt der Bericht, dass das Land seinen Gipsexport stoppt und die verbleibenden Ressourcen für den einheimischen Verbrauch nutzt. Andererseits müsste man höhere Preise bezahlen für den Import von ausländischem, wahrscheinlich australischem Gips. Diese Preise sind höher als der gegenwärtige thailändische Verkaufspreis FOB für die kommenden Jahre.

Gegenwärtig hat die thailändische Regierung Maßnahmen ergriffen, um zu verhindern, dass neue Abbaubetriebe eröffnet werden, und kontrolliert die Gipsexporte durch eine Quotensystem. Außerdem wurde der Exportmarkt in unterschiedliche Segmente aufgeteilt, wodurch verhindert wird, dass Exporteure in neue Märkte vordringen. Das hat den Verkaufspreis für den Export von natürlichem thailändischen Gips erhöht, jedoch nicht wesentlich. „Eine wesentliche Preiserhöhung würde gegen die Vereinbarungen der Welthandelsorganisation (WTO), in der Thailand Mitglied ist, verstoßen. In diesem Falle hätte die thailändische Regierung nur eine Option, nämlich die Gipsexporte bei der nächsten Gelegenheit zu stoppen, um langfristig den lokalen Verbrauch zu sichern“.

Gipsimporte aus dem Iran werden schwierig wegen der einzelnen durch die USA/UN auferlegten Restrik­tionen/Sanktionen, und es hat Probleme mit Zahlungen an den Iran gegeben. So importieren nur wenige indische Händler Gips aus dem Iran und kanalisieren die Zahlungen über andere, iranfreundliche Länder. Nach den neuesten Daten sind sogar Banken aus Ländern, die finanzielle Verbindungen mit dem Iran nicht verbieten, vorsichtig, da sie befürchten, ihre Geschäfte mit den USA zu gefährden oder bei eventuellen zukünftigen Sanktionen offengelegt zu werden. Im Juni 2010 teilte die Zentralbank der VAE Finanzinstitutionen mit, Konten von Firmen in Verbindung zum Iran, die von den UN Sanktionen betroffen sind, einzufrieren. Jetzt eröffnet nahezu keine Bank mehr aus den VAE neue Konten und Akkreditive für iranische Händler, so dass langfristige, nachhaltige Importe von Gips aus dem Iran ein größeres Risiko für indische Gipsverbraucher bleiben.

Entsprechend der Arbeitsgruppe der Planungskommission für den Zementsektor wird angesichts der Vorhersage für ein Wachstum der Nachfrage und der installierten Leistung die zusätzliche installierte Leistung (zur gegenwärtigen Kapazität von 323 Mio. t/a) in den nächsten 15 Jahren (bis 2027) etwa 1,05 Mrd. t/a betragen (Tabelle 1).

Möglichkeiten für das Sultanat Oman

Es wird erwartet, dass diese Situation des potentiellen Mangels an Lieferungen zusammen mit dem enormen Zuwachs der Nachfrage nach Gips in Indien, die aus der schnell ansteigenden Zementproduktionskapazität resultiert, in den nächsten Jahren zu einer beträchtlichen Preiserhöhung führen wird. Vor diesem Hintergrund wird eine potentielle Lieferung von Gips aus dem ­Sultanat Oman (Bild 3) eine interessante Aussicht. 2011 betrug der Gipsexport aus dem Oman knapp eine Million Tonnen.

Im Hafen von Salalah begann man bereits mit massiven Erweiterungsarbeiten, um die zukünftigen Stückgutexporte, einschließlich Gips, aus dem Oman bewältigen zu können. Die Erweiterung mit einem Wertumfang von 130 Mio. US$ wird bis spätestens 2014 beendet sein, um eine Kapazität von 40 Mio. t trockenen Schüttgütern pro Jahr zu bewältigen. Das Erweiterungsprogramm umfasst den Bau von 1266 m geraden Kais für Stückgut bei einem Tiefgang von 18 m. Diese Erweiterung ist absolut notwendig, um den lokalen Bedürfnissen zu genügen.

„Obwohl Gips nur 2–3 % der Gesamtkosten für den Zementabsatz ausmacht, werden die indischen Zement­hersteller in der nahen Zukunft sicher Probleme bekommen mit der Verfügbarkeit von und den Kosten für Gips. Sie werden zunehmend von importiertem natürlichen Gips abhängen. Vor diesem Hintergrund wird die Lieferung von Gips aus dem Oman eine sehr interessante Option. Gipsexporteure aus dem Oman können vorhersagen, dass ihr Verkaufspreis FOB in den kommenden Jahren über 16,50 US$/t liegen wird. Diesen Preisbereich können indische Zementhersteller leicht akzeptieren, weil das eine geringe Kostenerhöhung im Vergleich zu den Gesamtkosten für den Zementabsatz darstellt. Außerdem kann das mit den Kosten für den lokalen ­Zementtransport und einer leichten Erhöhung des ­Zementverkaufspreises usw. ausgeglichen werden“.

[1] US Geological Survey Report
[2] Indian Ministry of Commerce & Industry
[3] Rajasthan State Mines and Minerals Limited
[4] Cement Report 2011 – Indian Parliamentary ­Standing Committee on Commerce
[5] XII 5 year plan – Planning Commission Working Group report on cement sector
[6] Cement Manufactures Association
[7] CONSTRUCTION INDUSTRY DEVELOPMENT COUNCIL
[8] BuildInfoConsult – India becomes third largest ­construction market by 2020
[9] McKinsey & Company – Environmental & Energy Sustainability: An approach for India
[10] Earnest & Young cement report
[11] India Brand Equity Foundation
[12] Government of India Ministry of Urban ­Development Strategic Plan 2011 to 2016
[13] Central Bank of Thailand
[14] “Strategies for maximizing the social benefit from the exploitation of gypsum mineral resources of Thailand” – University of Stirling, U.K.
[15] Department of Primary Industries and Mines – ­Thailand
[16] Thailand Mineral Resources Development –  ­© Thailand Development Research Institute

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 03/2010

Zementindustrie in Vietnam vor ­großen Überkapazitäten

1 Wirtschaftsentwicklung Vietnam zählt seit dem letzten Jahrzehnt zu den am schnellsten wachsenden Wirtschaften der Welt. Überall im Land existiert ein hohes Engagement und die Hoffnung auf eine...

mehr
Ausgabe 12/2010

ASEAN Zementindustrie im Aufwind

1 Einleitung Nach der globalen Weltwirtschaftskrise sind die ASEAN-Staaten neben China und Indien der Wachstumsmotor der ­Weltwirt-schaft. Insbesondere Vietnam, Indonesien und die ­Philippinen, die...

mehr
Ausgabe 7-8/2013

Zementmärkte in den BRIC-Staaten und ­anderen Schwellenländern bis 2030

ONESTONE CONSULTING S.L.

1 Einleitung Die BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China haben in 2012 etwas an Glanz verloren. Fondsmanager streiten heute, wer den besten Vorschlag hat, welche Länder den BRIC...

mehr
Ausgabe 11/2011

Westeuropas Zementindustrie vor Veränderungen?

1 Einleitung Eigentlich sind die Marktaussichten für die Bauindustrie Westeuropas gar nicht so schlecht. Von den Marktforschern von Euroconstruct wird zwar nur ein Anwachsen der Bauinvestitionen bis...

mehr
Ausgabe 10/2010

Höhen und Tiefen im Mittleren Osten

1 Einleitung Der Nahe und Mittlere Osten werden politisch oftmals auf den israelisch-palästinensischen Konflikt, den Wiederaufbau und Bombenterror im Irak, das iranische Atomprogramm und den...

mehr