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Nachhaltige Energie – alternative Brennstoffe in der Zementindustrie im Fokus

Was hat das Potenzial, die CO2-Emissionen zu reduzieren, die denen von 10 Millionen Autos entsprechen (ungefähr die Anzahl von Autos auf den Straßen von Spanien)? Wie können mehr als 5 Mio. t nicht erneuerbarer fossiler Brennstoffe gespart werden? Die Antwort ist eine bereits bekannte Technologie – die Mitverwertung alternativer Brennstoffe in der europäischen Zementindustrie.
Sustainable Energy Europe (SEE – www.sustenergy.org) ist eine europäische Aktion, um das Umweltbewusstsein zu erhöhen und die Energielandschaft zu verändern. Es ist eine Initiative der Europäischen Kommission. Eines ihrer Hauptthemen ist die Mitverwertung alternativer Brennstoffe. Als Teilnehmer an dieser Kampagne (SEE) nahm CEMBUREAU, der europäische Zementverband, an der Woche der nachhaltigen Energie (EUSEW, 09.–13.02.09, Bild 1) teil.

Der europäische Zementverband hat seinen Sitz in Brüssel und ist die repräsentative Organisation der Zementindustrie in Europa. Zurzeit sind seine Vollmitglieder die nationalen Verbände der Zementindustrie der Europäischen Union (mit Ausnahme von Zypern, Malta und der Slowakei) plus Norwegen, der Schweiz und der Türkei. Kroatien ist ein assoziiertes Mitglied von CEMBUREAU.        

Dr. Jean-Marie Chandelle, Vorstandsvorsitzender von ­CEMBUREAU, stellte diesbezüglich fest: „CEMBUREAU begrüßt, dass der Mitverwertung alternativer Brennstoffe als eine Form nachhaltiger Energie diese Anerkennung zuteil wird.  Außerdem unterstützen wir die Europäische Kommission in ihrem Bestreben, in Europa und darüber hinaus auf breiter Ebene Entwicklungsmuster zur nachhaltigen Energie durchzusetzen. Die Mitverwertung in der Zementindustrie ist eine optimale Methode, Energie und Material aus Abfall wiederzugewinnen.“ Durchschnittlich werden gegenwärtig in der EU folgende Mengen an Ersatzstoffen eingesetzt:

–    Alternative Brennstoffe: 18  %
–    Rohmaterialien: 5  %
–    Alternative Zementbestandteile: 12  %

Dazu sagte Claude Loréa, Technischer Direktor von ­CEMBUREAU: „Die Mitverwertung stellt für die Zementindustrie, die Umwelt und die Gesellschaft eine sichere und vernünftige Lösung dar, indem nicht erneuerbare Ressourcen unter streng kontrollierten Bedingungen ersetzt werden. Das bringt zahlreiche Vorteile mit sich. Alternative Brennstoffe sind eine Lösung für die Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und tragen zur Senkung von Emissionen, besonders von CO2, in anderen Bereichen bei. Diese Aktivitäten für die Nutzung alternativer Rohmaterialien bedeuten einen reduzierten Bedarf des Abbaus und einen verbesserten ökologischen Fußabdruck. Schließlich ist der Ersatz von Klinker im Zement das Beispiel eines positiven Beitrags der europäischen Zementindustrie zu einem effizienten Ressourcenmanagement.“  Die EUSEW ist die Schlüsselveranstaltung des Jahres für Fragen nachhaltiger Energien in Europa. Die während dieser Woche stattfindenden Einzelveranstaltungen befassen sich auf vielfältige Weise mit Schwerpunktthemen der Entwicklung von nachhaltiger Energie und unterstreichen die Notwendigkeit für die Zusammenarbeit aller, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.
Nach den einleitenden Worten und dem ersten Vortrag von Mit­arbeiterInnen des Cembureau folgten drei Vorträge mit dem Schwerpunkt „Mitverwertung von Roh- und Brennstoffen  in der Zement­industrie“ (Bild 2).

Jean-Pierre Degré von der Holcim Group ging in seinem ­Vor-tag auf das Konzept der Mitverwertung (co-processing) von alternativen Roh- und Brennstoffen ein. Er betonte, dass „Co-Processing“ für alle energieintensiven Industrien ein Thema ist.

Evert Mulder von TNO Science and Industry/Niederlande ­fokussierte in seinem Vortrag „Advantages of co-processing“ auf eine umfangreiche Analyse der Eigenschaften verschiedener sekundärer Brennstoffe.

Martin Oerter vom VDZ/Deutschland stellte in seinem Vortrag „Co-processing: the German Experience“ aus nationaler Sicht dar. Pro Jahr werden so 1,8 Mio. t Kohle durch Sekundärbrennstoffe ersetzt. Durchschnittlich werden in Deutschland über 50  % der Brennstoffe durch alternative Brennstoffe ersetzt.

Die Pressekonferenz wurde von Dr. Jean-Marie Chandelle moderiert, der die Veranstaltung nach einer Frage-und-Antwort-Session mit einem Schlusswort beendete.

Nach der Pressekonferenz gab es die Möglichkeit, im Rahmen der „EU Sustainable Energy Week“ an einer Besichtigung des  HeildelbergCement-Werkes von ENCI-Maastricht (Bild 3) teilzunehmen. Frans Erens, Direktor von ENCI-Maastricht, stellte das Werk kurz vor. Danach hatten die ca. 40 Teilnehmer die Chance, das Werk zu näher kennen zu lernen. Das Zementwerk in Maastricht setzt 98  % alternative Brennstoffe ein, die restlichen 2  % werden während der Startphase bei der Wieder­inbetriebnahme des Ofens benötigt (Bilder 4 und 5). 45  % der verwendeten alternativen Brennstoffe sind Biomasse. Aufgrund eines Vertrages mit der kommunalen Regierung werden keine gefährlichen Abfälle eingesetzt. Schon 1968 startete das ENCI-Werk mit dem Einsatz alternativer Roh- und Brennstoffe in Form von Schieferton. Damals wurden ca. 30  % der Brennstoffe für die Ofenlinie 8 durch alternative Brennstoffe ersetzt. Über 30 Jahre bis 1999 wurde Kohlenschiefer als Brennstoff eingesetzt.  Danach wurde Kohlenschiefer durch Klärschlamm als alternativer Brennstoff ersetzt, seit 1996 durfte Klärschlamm in den Niederlanden nicht mehr in der Landwirtschaft oder zum Auffüllen von Land genutzt werden.  So werden 80 000 t/a Klärschlamm mitverbrannt. Für die Aufmahlung des Klärschlamms wurden zwei Anlagen mit der Bezeichnung BioMill (Bild 6) installiert. Für die restlichen Brennstoffe wurden entsprechende Lagerungsmöglichkeiten geschaffen:
Anodenstaub – 1 Silo
Feinkoks – 1 Silo
Altglycol – 1 Tank
Klärschlamm – 6 Silos
Tiermehl – 1 Silo
Fluff – 1 Halle + 1 Bunker

Für die exakte Dosierung alternativer Brennstoffe stehen vier Coriolissysteme von Schenck Process, ein  Dosiersystem von Pfister sowie zwei Dosierbandwaagen zur Verfügung. Außerdem ist das Labor für schnelle Analysen ausgelegt, um Änderungen in der Zusammensetzung des Brennstoffs bzw. des Klinkers schnell feststellen zu können.

CEMBUREAU ergriff während dieser Veranstaltung auch die Gelegenheit, seine neueste Publikation mit dem Titel „Sustainable cement production: Co-processing of alternative fuels and raw materials in the cement industry“ (Nachhaltige Zementproduktion – Mitverwertung von alternativen Brenn- und Rohstoffen in der Zementindustrie) (Bild 7) vorzustellen.

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