Mitte 2013 wurde Dr. Thomas Schulz zum neuen Gesamt-Vorstand von FLSmidth & Co. A/S ernannt. ZKG INTERNATIONAL hatte die Gelegenheit, ihn im Firmenhauptsitz in Kopenhagen zu besuchen und mit ihm u.a. über Ausbildung und Firmenziele zu sprechen.
Thomas Schulz: Wie sollen wir uns unterhalten?
ZKG: Wie Sie mögen, nur in Dänisch sind wir nicht sattelfest! Sie etwa?
Schulz: Nein, überhaupt nicht. Ich lernte Deutsch als Muttersprache und, wegen der Nähe zu Frankreich, konnte ich auch gut Französisch, auf der Schule kam Englisch hinzu. Seit meinem Studium in Aachen und später im Beruf bin ich auf Englisch festgelegt, wobei meine Kinder nun zusätzlich auch noch Schwedisch sprechen. Hier ist es sprachlich vergleichbar mit dem Saarland und man lernt sich zu öffnen. Schon die Kinder hier lernen wegen der ausgestrahlten Fernsehprogramme über die Landesgrenzen hinweg verschiedene Sprachen, die schnell auch mit Englisch versetzt werden. Es gibt aber auch viele deutsche Einflüsse, die sogar in Firmennamen auftauchen.
ZKG: Sind es nur sprachliche Einflüsse?
Schulz: Nicht nur. Die Deutschen stehen im Ruf, gute Techniker und Ingenieure auszubilden, während die englischsprachige Ausbildung sich sehr auf Wirtschaft und Marketing fokussiert. Die deutsche Sprache ist im Hinblick auf technische Begriffe umfangreicher und präziser. Das merken Sie auch in Diskussionen oder Publikationen. ZKG zum Beispiel ist ein Fachmagazin, dass ich schon während meines Studiums gelesen habe und die AT natürlich auch während meiner Zeit bei Sandvik. In beiden Zeitschriften erkenne ich mich als Techniker wieder und weiß, worum es geht.
ZKG: Was müssen Ihrer Meinung nach Studenten heute mitbringen?
Schulz: Wenn sie in dieser Branche arbeiten wollen, sollten sie auf jeden Fall ein technisches Grundstudium absolviert haben. Mitte der 1970er Jahre verlor Deutschland seinen technologischen Vorsprung, weil man politisch Aversionen gegen die Industrie hegte. Darunter leiden heute die Studenten noch immer, das gipfelt sogar in der Abschaffung des Diploms und bringt dem MBA-Absolventen keinerlei Vorteil. Er wird letztlich mit einem Halbwissen allein gelassen, mit dem er sich weder in wirtschaftlichen, noch in technischen Dingen profilieren kann. Er ist seiner Chancen beraubt worden.
ZKG: Sehen Sie eine Umkehr oder Alternativen?
Schulz: Ja. Die RWTH Aachen z.B. reagiert mit einem bilingualen Technikstudium.
ZKG: Hoffentlich ist es nicht zu spät!
Schulz: Ich denke, dass die Universitäten ihr Profil schärfen müssen und nicht immer einem „Mainstream“ hinterherlaufen sollten. 1990 begann in Deutschland beispielsweise die Krise im Kohlenbergbau. Dieser Effekt wirkte sich bis in die Gymnasien aus, da Bergbau nicht mehr attraktiv war, und somit gab es kaum noch Studenten. Heute klagen wir über fehlendes Wissen und mangelnde Fachkräfte in diesem Sektor, wobei der Bedarf an Rohstoffen stetig steigt.
ZKG: Daher bietet ZKG INTERNATIONAL nun auch Studentenexkursionen, zum Beispiel auch mit der RWTH Aachen an, die in Zementwerken stattfinden und der Student Einblicke in die Arbeitsabläufe erhält.
Schulz: Der Arbeitsmarkt und die Anforderungen entwickeln sich weiter. Wer eine internationale Karriere anstrebt, muss sich sowohl in Arbeitsprozessen und Verfahrensabläufen auskennen, wie auch in finanztechnischen Dingen.
ZKG: Wie stellt sich FLS in diesem Umfeld auf?
Schulz: FLSmidth ist eine starke Weltmarke und ist bei seinen Kunden hoch angesehen. Unser Geschäftsmodell umfasst nicht nur den Einzelmaschinenverkauf, das Engineering oder die Inbetriebnahme, sondern auch den Betrieb und die Wartung („Operation & Maintenance“). Dieses O&M Konzept ist ein Alleinstellungsmerkmal und festigt die Kundenbindung. Dabei kann uns ein Kunde auch bis zu fünf Jahre kontraktieren, in denen wir seine Anlage betreiben.
ZKG: Nur FLSmidth-Anlagen?
Schulz: Unsere Spezialisten sind in der Lage, sämtliche Anlagenteile wie auch sämtliche Gesamtanlagen anderer Lieferanten zu betreiben. Da FLSmidth schon immer ein international aufgestelltes Unternehmen war, ist es auch kein Problem, sich international jeder Problematik zu stellen.
ZKG: Sie haben gerade Ihren Q2-Geschäftsbericht vorgelegt, in dem Anpassungen bzgl. organischem Wachstum und Integration, Qualität und Sicherheit, Forschung und Entwicklung sowie Mitarbeiter- und Geschäftsweiterentwicklung in Aussicht gestellt werden. Wie sollen die aussehen?
Schulz: Der Ausblick ist nüchtern betrachtet, nichts Besonderes: Wir befinden uns in wiederkehrender Regelmäßigkeit in einem ständigen Auf und Ab. Wir wissen derzeit nicht genau, auf welcher Seite der Flanke wir gerade sind, aber das belastet uns auch nicht, da wir ohnehin unser Geschäftsmodell proaktiv angepasst haben. Wir sind gut aufgestellt. Wir sind kompetent, sind kundenorientiert und wettbewerbsfähig. Und da schließt sich auch der Kreis. Unsere Mitarbeiter und Jungingenieure werden seit etwa fünf Jahren in unseren eigenen Bildungszentren überall auf der Welt als Wissensträger ausgebildet. Daher sind wir auch gut für die Zukunft gerüstet. Unsere Kunden können in schwierigen Zeiten auf ihre Kernkompetenz fokussieren und wir auf unsere. Dies ergibt zusammen einen Mehrwert, von dem jeder etwas hat. Letztlich hilft uns sogar diese dänische Grundphilosophie aus „Value Setting“ und „Soft skills“, weltweit den Kunden zu respektieren und auf seine Wünsche flexibel zu reagieren.
ZKG: Und das können Sie sogar kurzfristig?
Schulz: Wir stehen unseren Kunden sogar mit einen sogenannten „ICE-Room“ – „Intelligent Collaboration Environment“ zur Seite. Von dort können wir, wenn wir den Ruf aus einem Werk von jedem Winkel dieser Erde erhalten haben und wissen, um welches Problem es sich handelt, kurzfristig sämtliche benötigten Experten zusammenziehen, uns auf den Leitstand aufschalten und zusätzlich über Mitarbeiter vor Ort, die mit Satellitentelefon und Helmkamera ausgestattet sind, ein eigenes Bild machen.
ZKG: Das ist Ihr O&M Konzept?
Schulz: Auch. Es gehört auch dazu. Unsere Mitarbeiter sind fast 200 Tage in Jahr unterwegs und führen Gespräche mit unseren Kunden in unterschiedlichen Kulturen. Somit wissen wir immer, was unsere Kunden bewegt.
ZKG: Erwägen Sie, Ihre Geschäftsfelder zu erweitern?
Schulz: Nein, es wird immer nur das versprochen, was wir auch halten können. Es macht keinen Sinn, z.B. über WHR hinaus an eine andere Stromproduktion zu denken, wenn der Kunde sich auf das Zementgeschäft konzentrieren will. Wir haben in unserem Portfolio die Firmen, mit denen wir sämtlichen Wünschen unserer Kunden entgegen kommen können. Derzeit müssen wir, wie schon erwähnt, die Konsolidierung vorantreiben und auf gesundes Wachstum achten. Es gibt auch keine geographische Zuordnung – wir sind dort, wohin der Kunde uns ruft. Wir verfolgen ausschließlich den Grundgedanken der Prozesslinie und den Servicegedanken. Problem erkannt, Lösung angeboten, Auftrag erteilt und schon wird umgesetzt – so entstehen Partnerschaften. Selbst, wenn der Kunde in finanzielle Probleme gerät, hilft es bei seinen Verhandlungen mit den Banken, wenn FLSmidth dahinter steht. Das ist schon eine Art Qualitätsstempel, da wir eine gute Reputation vorweisen können und bei den Banken positiv gelistet sind. Wir möchten möglichst effizient und schlank aufgestellt den Kunden das Beste für seine Bedürfnisse anbieten – je mehr Regeln, umso mehr Probleme haben Sie mit Strukturen. Unsere Leute sind interkulturelle Techniker!
ZKG: Vielen Dank für Ihre Zeit und das interessante Gespräch!