Europaweit einmalig: Zementwerk nutzt ­Abwärme zur Stromgewinnung

Rohrdorfer Zement
Das Zementwerk Rohrdorf bei Rosenheim, Bayern, nahm im Juni 2012 in einem feierlichen Festakt europaweit das erste Kraftwerk zur Stromerzeugung in einem Zementwerk in Betrieb (Bild 1). Das Unternehmen investierte in den letzten sechs Jahren insgesamt 100 Mio. € in den Ausbau von Maßnahmen zum Klimaschutz sowie zur Energieeffizienz und sichert damit langfristig den Produktionsstandort in der Region [1-2].

Sechs Jahre lang wurde in Rohrdorf umgebaut und in diverse Umweltschutzmaßnahmen investiert, jetzt sind die Weichen für die Zukunft gestellt. Mit der feierlichen Inbetriebnahme des Abwärmekraftwerkes kann das Unternehmen von sich behaupten, das umweltfreundlichste und gleichzeitig energieeffizienteste Zementwerk der Welt zu betreiben.

Das Rohrdorfer Zementwerk ist Teil der Rohrdorfer Gruppe, die an 40 Standorten in Deutschland, Österreich, Italien und Ungarn neben Zement auch Transportbeton, Betonwaren und Betonfertigteile herstellt sowie Sand und Kies abbaut. In seiner Begrüßungsrede unterstrich Heinrich Rodlmayr, technischer Leiter der Rohrdorfer Gruppe, die Bedeutung der Anlage für den Standort mit einem Zitat des Bayerischen Umweltministers Marcel Huber: „Wir wollen unseren Strombedarf selber decken können, die bayerische Industrie darf nicht davon anhängen, ob sich die Windräder in der Nordsee drehen.“ Heinrich Rodlmayr ergänzte in seinen Worten: „Wir können nun mit Stolz behaupten, das Zementwerk Rohrdorf trägt mit seinem neuen Kraftwerk seinen Teil dazu bei.“

Stromerzeugung aus Abwärme

Die bisher ungenutzte Abgaswärme des Drehrohrofens, des Klinkerkühlers und der Restwärme der Entstickungsanlage wird mit Hilfe einer Dampfturbine und eines Generators ab sofort Strom erzeugen. In einem neuartigen Verfahren wird mit der Wärmeenergie der Abgase frischer Heißdampf erzeugt, dieser wiederum treibt die Turbine an, die über den Generator dann elektrischen Strom erzeugt. Mindestens ein Drittel des Strombedarfes des gesamten Betriebes wird mit dem eigen produzierten Strom gedeckt. Rund sieben Megawatt Strom soll das Abwärmekraftwerk insgesamt produzieren. Die Einsparung an fossilen Brennstoffen beträgt 12 000 t, der jährliche CO2-Ausstoß wird damit um 30 000 t gesenkt. Die Investitionssumme betrug 31 Mio. €.

Die innovative sowie umweltfreundliche  Anlage wurde durch das Bundesumweltministerium im Rahmen der Klimaschutzinitiative gefördert. Zudem erhielt die europaweit allererste Anlage in einem Zementwerk den ersten Preis in der Kategorie „Umweltverträgliche Produkte und Lösungen“ des Siemens Umweltpreises 2011. Der Siemens Enviromental Award ist ein internationaler Preis, der von Siemens innerhalb ihrer weltweiten Niederlassungen für besonders innovative Lösungen im Bereich Umweltschutz vergeben wird.

Umweltschutzmaßnahmen haben höchste Priorität

Nicht nur das neu in Betrieb genommene Abwärmekraftwerk (Bild 2), sondern weitere drei Großprojekte zur Verbesserung des Umweltschutzes und der Energieeffizienz wurden in den  letzten Jahren in Angriff genommen, obgleich zu Beginn der Baumaßnahmen die Marktlage in der Zementindustrie nicht rosig schien. Doch Gesellschafter wie auch Geschäftsleitung des Südbayerischen Portland-Zementwerk Gebr. Wiesböck & Co. GmbH sind sich ihrer Verantwortung gegenüber Mensch und Natur stets bewusst und räumen deren Schutz daher größte Priorität ein. Geschäftsführer Mike Edelmann weiß: „Das geht nur mit Eigentümern, die nicht auf kurzfristige Rendite setzen, sondern in langen Zeiträumen denken.“

Begonnen wurde 2006 mit einer neuen Rohmühle mit Filteranlage. Mit dem Bau der SCR-Entstickungsanlage 2011, einem Katalysator zur Reduzierung der Stickoxide, nahm das Unternehmen eine Vorreiterrolle in der Branche ein, denn noch nie wurde ein vergleichbares Verfahren bisher weltweit in Betrieb gesetzt (Bild 3).

Der Pilotcharakter des Projektes wurde gleichfalls vom Bundesumweltministerium mit einer Förderung in Höhe von 4,7 Mio. € honoriert. Zudem erhielt das Zementwerk den zweiten Preis des „Energy Efficiency Award 2011“ der Deutschen Energieagentur (dena) für seine mutige Investition. 2011 wurde ferner der Drehrohrofen umgebaut. Der 35 Jahre alte Satellitenkühler wurde durch einen modernen und energieeffizienten Pendelrostkühler ersetzt. Durch den neuen Kühler werden jährlich 10 000 t Steinkohle und damit 28 000 t Kohlendioxid eingespart. Insgesamt investierte das Unternehmen in den letzten sechs Jahren 100 Mio. € in den Einbau von Umweltschutzmaßnahmen und Energieeffizienz. Die Inbetriebnahme des Kraftwerkes markiert den Schlusspunkt der langjährigen Umbauphase.

[1] New SCR denitrifaction plant (2012): ZKG INTERNATIONAL, No. 1, pp. 15
[2] Leibinger, H., Windmöller, O., Hammerich, J. (2012): Fit for the future. ZKG INTERNATIONAL, No. 2, pp. 34 – 48

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